„Ich verbinde mit der Mitarbeit bei PRO PLANET die Hoffnung, dazu beitragen zu können, dass bei Massenprodukten soziale und ökologische Nachhaltigkeit eine größere Rolle spielt“, sagt Friedel Hütz-Adams, unser Experte für Soziales und Arbeit im Fachbeirat Nachhaltigkeit.
Das hängt sehr davon ab, wo diese Menschen leben. Viele Produkte in den Supermärkten stammen aus der direkten oder nicht so fernen Umgebung. Obst und Gemüse beispielsweise kommt häufig aus Europa. Da haben wir eher noch eine Vorstellung davon, wie es den Menschen geht, die diese Produkte anbauen. Allerdings sind die Zustände auf Plantagen in Südspanien oder Süditalien manchmal auch sehr schlecht, ohne dass wir viel davon wissen. Noch viel schwieriger wird es, wenn wir bei Importen von Obst und Gemüse aus weit entfernten Ländern sind oder bei anderen Produkten, die weltweit hergestellt werden. Ein Beispiel: Seit 20 Jahren gibt es Vorwürfe, dass es im Kakaoanbau Westafrikas zu massiven Missständen inklusive weit verbreiteter Kinderarbeit kommt. Dennoch haben die meisten hiesigen Schokoladenproduzenten bis vor kurzem meist nicht versucht herauszufinden, woher genau ihr Kakao stammt. Das ändert sich erst seit einigen Jahren Schritt für Schritt.
Wir haben sicherlich auch in Deutschland soziale Probleme. Mit der Einführung des Mindestlohns wurden einige der schlimmsten Ausbeutungssituationen auf deutschen Feldern und beispielsweise auch in Schlachthöfen zumindest eingeschränkt. Die Umsetzung muss allerdings auch weiterhin kontrolliert werden. Will heißen: Ja, Ausbeutung gab und gibt es auch in Deutschland!
Vor zehn Jahren haben viele Unternehmen noch behauptet, sie seien überhaupt nicht verantwortlich für das, was in Anbauländern oder in Fabriken passiert. So etwas hört man heute kaum noch. Unternehmen gehen aber weiterhin dahin, wo die Löhne am niedrigsten sind. Die Bilanz ist also eher gemischt. Es gibt aber klare Bewusstseinsveränderungen bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Die Klimadebatte trägt dazu erheblich bei, auch die Diskussionen um das Tierwohl oder um Arbeitsbedingungen in Fabriken insbesondere in Asien. Zugleich bleiben viele der Konsumgewohnheiten gleich – die Masse der Verbraucherinnen und Verbraucher sucht weiterhin nach den Schnäppchen.
„Eine Tafel faire Schokolade muss uns nur fünf Cent mehr kosten.“
Dass es PRO PLANET überhaupt gibt, zeigt, dass ein großes Problem mit den Nachhaltigkeits-Siegeln existiert. Verbraucherinnen und Verbraucher sind überfordert bei dem Versuch, nachhaltiger zu handeln. Sie kaufen eine Vielzahl von Produkten ein, die wiederum eine Vielzahl von Versprechungen Richtung Nachhaltigkeit abgeben, sei es über Werbung oder über Siegel. Im Grunde genommen blickt da niemand mehr durch. Die Verantwortung kann daher nicht auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abgewälzt werden, die Verantwortung liegt, da sind auch die Vorgaben der Vereinten Nationen eindeutig, bei den Unternehmen. Um dies wiederum umsetzbar zu machen, ist der Gesetzgeber gefragt. Wir brauchen auf deutscher und europäischer Ebene Gesetze, die Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechten in ihren Lieferketten verbindlich vorschreiben.
Ich finde grundsätzlich gut, dass PRO PLANET verstärkt die Herausforderung angehen will, Menschen am Beginn der Lieferketten tatsächlich existenzsichernde Löhne zu sichern – für eine Grundversorgung mit Essen, Wohnen, Gesundheitsvorsorge und Bildung. Das ist bei vielen Produkten keineswegs selbstverständlich. Das gilt insbesondere für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die Produkte wie Kakao, Kaffee oder Orangen anbauen. Hier werden gerade erste kleine Schritte unternommen. Menschen müssen von ihrer Hände Arbeit leben können, unabhängig vom Preisdiktat an der Ladenkasse.
Bei Schokolade und dem Rohstoff Kakao ist das berechnet worden: Wie hoch die Einkommen der Kakaobäuerinnen in Westafrika sind, wie stark der Preis für Kakao steigen müsste, um existenzsichernde Einkommen zu garantieren. Derzeit werden bei einer Tafel Vollmilchschokolade rund sieben Cent für Kakao ausgegeben, davon kommen vier bis fünf Cent bei den Bäuerinnen und Bauern an. Würde man deren Anteil verdoppeln, käme man nah an ein existenzsicherndes Einkommen heran. Fünf Cent mehr, das wäre ein Preisaufschlag, den wir uns hier gut leisten könnten! In Westafrika würde das einen immensen Unterschied machen. Dafür müssen allerdings langfristige, transparente Lieferbeziehungen aufgebaut werden. Nur so kann garantiert werden, dass das Geld auch bei den Bäuerinnen und Bauern ankommt.